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28. August 2014
Cyberkriminalität weiterhin auf dem Vormarsch

Cyberkriminalität weiterhin auf dem Vormarsch

Jeder Internetnutzer kann Zielscheibe von Cyberattacken sein. Neue Sicherheitsstandards haben nur kurze Zeit Bestand. Die Methoden für Pishing und Co. werden schnell an neue Rahmenbedingungen angepasst. Viele Internetnutzer meiden daher immer mehr bestimmte Online-Dienste. Damit besteht die Gefahr, dass die digitale Entwicklung ins Stocken gerät. Doch nicht nur private Internetnutzer sind betroffen. Auch der hochspezialisierte Mittestand gerät immer mehr in den Fokus der Cyberkriminellen.

Die Fälle von Computer- und Internetkriminalität nehmen weiter zu. Das zeigen das „Lagebild Cybercrime“ des Bundeskriminalamtes (BKA) und aktuelle Umfragen des Hightech-Verbands BITKOM. Einen deutlichen Anstieg der amtlich gemeldeten Fälle gab es im Jahr 2013 bei der Computer-Sabotage und der Erpressung von Internetnutzern. Nach einem vorübergehenden Rückgang erlebt das Phishing mit immer raffinierteren Methoden ein Comeback.

Rund 29 Millionen Betroffene in den letzten 12 Monaten

„Die Cyberkriminellen reagieren professionell und flexibel auf neue Sicherheitsstandards und passen ihre Methoden schnell den geänderten Rahmenbedingungen an. Das Gefährdungspotential für jeden Internetnutzer bleibt daher weiterhin hoch“, so BKA-Präsident Jörg Ziercke. Nach einer BITKOM-Umfrage unter 1.000 Internetnutzern in Deutschland sind mit 55% mehr als die Hälfte in den vergangenen 12 Monaten Opfer von Cybercrime geworden. Das entspricht rund 29 Millionen Betroffenen. „Cyberkriminalität kann jeden treffen“, betont BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf.

Zwar verzeichnet die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2013 mit insgesamt 64.426 Fällen von Cybercrime lediglich eine Steigerung von rund 1% gegenüber dem Vorjahr (63.959). Polizeiliche Ermittlungen und verschiedene Studien weisen jedoch auf ein großes Dunkelfeld hin. Bei einzelnen Deliktsformen sind deutliche Anstiege bei den Fallzahlen zu verzeichnen: in den Bereichen „Fälschung beweiserheblicher Daten, Täuschung im Rechtsverkehr bei Datenverarbeitung“ eine Steigerung von 15% auf 9.779 Straftaten sowie bei der „Datenveränderung/Computersabotage“ ein Anstieg um 18% auf 12.766 Straftaten. Auch beim Phishing im Zusammenhang mit Onlinebanking, der wohl bekanntesten Variante des digitalen Identitätsdiebstahls, gab es erhebliche Anstiege. Für 2013 wurden dem BKA 4.096 Phishing-Sachverhalte gemeldet. Das entspricht einer Zunahme der Fallzahlen um rund 19% im Vergleich zum Vorjahr. Nachdem 2012 durch verschiedene Schutzmaßnahmen der Kreditinstitute, wie beispielsweise die Einführung des mTAN-Verfahrens, die Sicherheitsstandards beim Onlinebanking erhöht wurden, haben nach Feststellung des BKA die Täter reagiert und neue Schadsoftware und Vorgehensweisen entwickelt, um diese zu überwinden. Auffällig ist außerdem die Zunahme der Delikte, bei denen das BKA das Internet als Tatmittel registrierte. 2013 wurden hier 257.486 Fälle gemeldet und damit rund 12% mehr als im Vorjahr.

Cyberkriminalität bremst digitale Entwicklung

Nach den Ergebnissen der BITKOM-Umfrage wurden bei 40% der befragten Internetnutzer in den letzten 12 Monaten die Computer mit Schadprogrammen infiziert. Knapp ein Fünftel (19%) gibt an, dass ihre Zugangsdaten zu Internetdiensten ausspioniert wurden. Bei 16% sind im Namen der Nutzer bzw. von ihrem Account illegal E-Mails versendet worden. 14% wurden von einem Geschäftspartner betrogen, zum Beispiel beim Online-Shopping oder bei einer Auktion. „Die Sorge vor Cyberkriminalität führt dazu, dass viele Verbraucher auf die Nutzung bestimmter Online-Dienste verzichten“, so BITKOM-Präsident Kempf. Laut Umfrage verschicken 47% vertrauliche Dokumente nicht mehr per E-Mail, fast ein Drittel (29%) verzichtet auf Online-Banking und ein Viertel (24%) auf das Einkaufen im Internet. Ebenfalls ein Viertel macht einen Bogen um soziale Netzwerke, ein Fünftel (21%) nutzt keine Cloud-Dienste und 17% buchen weder Reisen noch Mietwagen im Netz. BITKOM-Präsident Kempf: „Das sind alarmierende Zahlen, weil dieser Trend die digitale Entwicklung bremst.“

Stärkere Nutzung von Diensten zur Verschlüsselung und Anonymisierung

Computer nahezu aller Internetnutzer sind mit Virenschutzprogrammen und Firewalls ausgestattet. Aus der Nische kommen Verschlüsselungssysteme, die den Zugriff auf persönliche Daten unterbinden. Laut der BITKOM-Umfrage verschlüsseln immerhin 16% der Internetnutzer E-Mails und 15% Dateien. Zum Vergleich: Vor einem Jahr verschlüsselten erst 6% E-Mails und 8% Dateien. Laut BITKOM-Präsident Kempf, sei die stärkere Nutzung von Diensten zur Verschlüsselung und Anonymisierung eine direkte Folge der Abhöraffäre. Allerdings sind hier die technischen Hürden hoch: 61% derjenigen, die keine Verschlüsselung nutzen, geben als Begründung an, dass sie sich damit nicht auskennen. 54% nennen als Grund für ihren Verzicht, dass ihre Kommunikationspartner ebenfalls keine Verschlüsselung einsetzen. Einem Drittel ist die Nutzung schlicht zu aufwändig.

Mittelstand ist gefährdet

Sie Wirtschaft gerät zunehmend in den Fokus von Cybercrime: „Insbesondere der hoch spezialisierte deutsche Mittelstand mit seinen vielen hidden champions in den Bereichen Maschinenbau, Elektrotechnik oder Fahrzeugbau ist ein beliebtes Angriffsziel“, so BITKOM-Präsident Kempf. Nach einer BITKOM-Umfrage vom Jahresanfang verzeichneten 30% der Unternehmen ab 20 Mitarbeitern in den vergangenen zwei Jahren IT-Sicherheitsvorfälle. Kleinere und mittlere Unternehmen mit 20 bis 499 Mitarbeitern sind mit einem Anteil von 31% deutlich stärker betroffen. Bei den großen Unternehmen ab 500 Mitarbeitern sind es nur 11%. „Die meisten IT-Sicherheitsvorfälle werden ‚vor Ort‘ verursacht“, erläutert Kempf. 58% der attackierten Unternehmen sagen, dass die Störungen von eigenen oder externen Mitarbeitern verursacht wurden. Kempf weiter: „In der Regel kennen sich Innentäter mit den Gegebenheiten in den Betrieben gut aus und stehlen gezielt bestimmte Datensätze oder schleusen Schadprogramme in die IT-Systeme ein.“ Darüber hinaus berichtet fast ein Drittel (30%) der Unternehmen, dass Angriffe auf ihre IT-Systeme über das Internet erfolgt sind. Hierzu zählen Denial-of-Service-Attacken oder gezielte Einbrüche in die IT-Systeme über das Internet. (kb)

Mehr zu diesem Thema in unserem AssCompact TV Experten-Talk mit Alexandra Ganz-Cosby, ARTUS Gruppe.